Das nach-napoleonische Oberschwaben im Jahre 1819, als die heutigen Landkreise Biberach und Ravensburg von drei Gruppen (heute würde man sagen Nichtsesshafter Personen, damals wurden diese „Räuber“ genannt) unsicher gemacht wurden. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive eines weiblichen und eines männlichen Bandenmitglieds.
Nach der französischen Revolution, die tausenden von französischen Männern und auch Frauen wortwörtlich den Kopf gekostet hat, steigt ein klein gewachsener,spitznasiger, aus Korsika stammender Franzose namens Napoleon Bonaparte vom niederen Offizier zum General auf.
Dieser krönt sich 1804 zum ersten Kaiser der Franzosen.Er überzieht Europa ein Jahrzehnt lang mit bis dahin in ihrem Ausmaß unbekannten Kriegen, zunächst erfolgreich, später dann durch die gegen ihn vereinigten Großmächte geschlagen. Diese kriegerischen Auseinandersetzungen spielen bis nach Oberschwaben hinein, zweimal treffen hier die französischen und österreichischen Heere aufeinander. Biberach wird zweimal von den Franzosen eingenommen, mit allen für siegreiche Heere bekannten Folgen. Einquartierungen, Vergewaltigungen, Plünderungen finden statt.
Napoleon wird zum großen Umgestalter und Reformer des deutschen Südwestens. Er zerschlägt nach seinem Sieg bei Austerlitz über die Österreicher das bis zu diesem Zeitpunkt nahezu eintausend Jahre bestehende Heilige Römische Reich deutscher Nation.
Der Habsburger Franz legt, als Kaiser Franz II arbeitslos geworden, die deutsche Kaiserkrone nieder und nennt sich fortan Franz I, Kaiser von Österreich.
Mitläufer und Profiteure dieser Entwicklung sind die Herzöge von Bayern und Württemberg,sowie der Markgraf von Baden. Durch die Aufhebung der Reichsstädte, der Reichsklöster und der Reichsfürstentümern mit anschließender Eingliederung in die sie umgebenden Staaten,gelingt es Bayern und Württemberg ihre Hoheitsgebiete um beinahe die Hälfte zu vergrößern. Baden erhält zum ersten Mal in seiner Geschichte ein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet entlang des Rheingrabens. Mit den Gebietszunahmen geht eine Standeserhöhung einher: so werden die Herzöge von Bayern und Württemberg zu Königen, der Markgraf von Baden zum Großherzog von Napoleons Gnaden ernannt.
Das einzige kleinere Fürstentum im Süden von Deutschland, das dieser Eingliederung entgeht, ist Hohenzollern-Sigmaringen. Dies nicht etwa, weil es, wie man annehmen könnte, das Ursprungsgebiet der Hohenzollern ist, sondern weil die damalige Fürstin Amalie Zephyrine, heute würde man sagen ein berüchtigtes It-Girl, in der Pariser Gesellschaft der späten Revolutionszeit ist. Sie ist eine der besten Freundinnen von Napoleons späterer Ehefrau Josephine de Beauharnais, und dieser Tatsache verdankt Hohenzollern seine erhalten gebliebene Selbstständigkeit.
Das Gebiet zwischen Ulm und Bodensee kam im Jahre 1806 zum neu geschaffenen Königreich Württemberg. Durch die Aufhebung der Reichsstädte und vor allem der sehr mächtigen Reichsklöster ging die über lange Jahrhunderte in Oberschwaben vorherrschende Sozialstruktur verloren. Die Unterschichten fanden sich sehr schnell,zum Beispiel beim Tode eines Familienvaters, auf der Straße wieder.Der Abstieg vom ehrbaren Armen zum Obdachlosen war nur eine Katzensprung und jederzeit im Rahmen des Möglichen.Nahezu ein Jahrzehnt Krieg hatte die Gegend verelenden lassen, ein Höhepunkt bildet hier der Zug Napoleons nach Moskau, wo aus allen Gegenden Württembergs auf französischen Druck hin (Württemberg ist in Militärallianz mit Frankreich), kräftig Soldaten ausgehoben wurden. In Biberach werden 359 junge Männer zur Musterung einbefohlen. Davon glänzen 199 durch Abwesenheit, da es sich dabei angeblich um auf Wanderschaft befindliche Handwerksburschen handelt.
Nicht ohne Grund geben sich unsere Räuber meist als Handwerksburschen aus,da diese ungestraft und ungefragt als Fahrende unterwegs sein konnten. Es kommt zu Massenhochzeiten, 55 Paare heiraten in Biberach allein 1806, was ungefähr das Doppelte an Eheschließungen des Vorjahrs ist. Verheiratete werden nämlich nicht eingezogen. Von den restlichen werden immerhin noch 58 Personen nach Stuttgart abgeführt.
Dies war allerdings nur das Vorgeplänkel zum Russlandfeldzug Napoleons, der mit der Einnahme von Moskau, das vorher von den Russen geräumt und angezündet worden war, endete. Es mussten, 16000 württembergische Soldaten mit nach Russland ziehen. Ungefähr dreihundert, alle höchstwahrscheinlich nicht in bestem gesundheitlichen Zustand,kamen zurück, die restlichen verschluckte der einsetzende russische Winter. Russische Partisanen und ausbleibender Nachschub taten das ihrige.
Auch von unseren Räubern hatten die meisten der Männer militärische Erfahrungen gemacht, der Schwarze Veri (Xaver Hohenleiter) war im bayerischen Regiment, sein Freund Friedrich Klump, genannt der schöne Fritz in einem französischen Regiment und der Condeer Josef Lang, wie schon sein Spitzname besagt, im Regiment des Prinzen von Condee, einem französischen Emigrantencorps, das auf Seiten der Österreicher gegen die neu gegründete französische Republik, allerdings nur mit mäßigem Erfolg, gekämpft hatte. Alle hatten sich dort unauffällig verabschiedet und so ihr Leben auf die Straße hinaus gerettet. Nach dem Ausbruch des Vulkans Tambora kommt es zur größten Hungersnot in der Geschichte des westlichen Europas, da dadurch nahezu die gesamte Ernte des Jahres 1816 verdirbt. Erneut landen Menschen, jetzt vor allem die Dienstboten im städtischen, sowie die Knechte und Mägde im ländlichen Bereich auf der Straße.
In den heutigen Landkreisen Biberach und Ravensburg rotten sich drei Jahre später die Übrig gebliebenen, von der Gesellschaft vergessenen Menschen, Männlein wie Weiblein zu drei sogenannten Banden zusammen. Diese stehlen sich, um nicht zu verhungern,ihren Lebensunterhalt vorwiegend aus abgelegenen Bauernhöfen zusammen.Dieses beunruhigt zunehmend die Obrigkeit, da die Überfälle an Brutalität zunehmen und auch vor Kapitalverbrechen wie Mord oder Brandstiftung nicht mehr zurückgeschreckt wird.
Es wird oberamtsübergreifend (Oberämter sind die Vorgängerorgane der heutigen Landkreise) von Stuttgart aus die Verfolgung der Räuber organisiert und diese werden binnen weniger Wochen gestellt und in Biberach inhaftiert.
Um dem Räuberunwesen ein für alle mal ein Ende zu bereiten und ein nachhaltiges Exempel zu statuieren, werden die Räuber nach dreijähriger Untersuchungshaft in Biberach zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt, unter deren Verbüßung sie, einige früher andere später, verstorben sind.